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Mount Meru – polepole bis zum Umfallen

Nach ein paar Klicks im Internet und einigen Gesprächen auf dem Berg wird schnell klar: Mount Meru steht im Schatten seines großen Bruders. Viele Wanderer nutzen ihn um sich für den Kilimandscharo warm zu laufen, gewöhnen sich hier an Höhe und Klima. Bevor wir uns entschließen unsere Reise in Tansania zu beginnen haben wir noch nie von Meru gehört. Nach der Besteigung werden wir ihn ganz sicher nicht mehr vergessen. Der kleine Bruder hat sich für uns ganz schön groß angefühlt.

Individualreisende und Selbstentdecker bekommen vor den afrikanischen Bergen erstmal einen kleinen Dämpfer: Einfach mal allein drauf los wandern klappt hier nicht. Tansania hat die Bergtouristen (nach nepalesischem Vorbild?) längst als lohnende Einnahmequelle entdeckt. Alles im Park hat seinen festen Preis, am Eingangstor für jedermann auf einer mannshohen Tafel einsehbar. Zwar sind die Gebühren hier nicht ganz so hoch wie in Nepal, für Sparfüchse allerdings doch der falsche Ort.

Unser Team dagegen erinnert uns stark an eine Achttausender-Expedition, welche wir nur aus Dokumentationen kennen. Ein Guide, zwei Porter (Träger), ein Waiter (Bedienung) und ein Koch werden in den nächsten Tagen ihr Bestes tun, um uns beide auf den Gipfel zu bekommen. War es vielleicht doch etwas naiv, ohne jede Vorbereitung, geschweige denn Bergerfahrung, auf die dreitägige Tour zu starten? Die anderen Wanderer wirken bergerprobt. So schließen wir jedenfalls aus ersten Gesprächen und funktionaler Outdoor-Ausrüstung. Wir setzen auf Jogginghose und Leggins.

Nach den ersten Metern zerstreuen sich unsere Sorgen allerdings. Wir machen uns im Schneckentempo hinter unserem bewaffneten Ranger auf den Weg. Der Ranger schützt uns vor aggressiven Büffeln und wird nicht müde zu wiederholen, dass wir polepole gehen müssen, um es auf den Gipfel zu schaffen. Dichter Wald, eine friedlich grasende Giraffe und ein riesiger Baum, durch den man locker mit einem LKW durchfahren könnte, wenn diese im Park erlaubt wären, sind unsere ersten Eindrücke. Immer wieder auf dem Weg bietet uns der Berg einen atemberaubenden Blick auf das Umland von Arusha und natürlich auf den Kili.

Wir kommen bester Laune am Camp namens Miriakamba Hut an. Hier übernachten wir in geräumigen Berghütten. Unser Waiter bringt uns Schüsseln mit warmem Wasser, unser Koch zaubert uns ein ausgezeichnetes Abendessen aus den Zutaten, die unsere Porter zuvor mühselig den Berg hochgeschleppt haben. Für Porter scheint die Polepole-Regel übrigens nicht zu gelten. Beim Abendessen erklärt uns unser Guide den Plan für den nächsten Tag: Früh aufstehen, Frühstück, Aufstieg über die Waldgrenze, Ankunft am Saddle Hut, Akklimatisierung am Little Meru (3801m) und dann früh ab ins Bett. Alles klar, no Problem.

Wer den Meru Gipfel bei Sonnenaufgang erreichen möchte muss früh raus: Um Ein Uhr nachts beginnt der Aufstieg. Natürlich ist es nachts auf über 3000 Meter auch in Tansania bitterkalt. Wir sind trotzdem überrascht, wie kalt. Daunenjacke mit Handschuhen kalt. Im nun bereits gewohnten Zickzackkurs gehen wir zügig gen Gipfel. Heute scheint kein polepole angesagt zu sein. Unser Guide will uns pünktlich zum Sonnenaufgang auf dem Gipfel sehen. Er gratuliert uns als wir es auf den Rhino Point schaffen. Wir freuen uns, jetzt kann es ja nicht mehr weit sein. Denken wir.

Der weitere Weg zieht sich gefühlt endlos in die Länge. Wir stapfen keuchend durch feinen, schwarzen Lavasand den immer schmaleren, steileren ‚Weg‘ nach oben. Wir klettern über Geröllfelder, steigen Felsen rauf und wieder runter. Nach wie vor ist es stockdunkel. Beim späteren Abstieg blicken wir ungläubig links und rechst in die Tiefe. Hier sind wir also hochgeklettert. Doch noch sind wir nicht so weit. Als wir schon fast nicht mehr damit rechnen können wir Irgendwann dann doch verschwommen die grünblauen Farben der Flagge Tansanias in der Ferne erkennen. Noch sehr klein und am Ende eines letzten steilen Kletterabschnitts. Mit letzter Energie erreichen wir das kleine Gipfelplateu. Ein unvergesslicher Sonnenaufgang gibt den Blick frei auf den Kilimandscharo und eine surreale Welt aus Wolken und Vulkangestein. Schon komisch, wie schnell man die quälende Anstrengung wieder vergisst, sobald man am Ziel ist.

Nach mehreren Stunden Abstieg, nun in der mittlerweile sengenden Hitze, gelangen wir wieder ans Camp. Wir schauen in durchgehend erschöpfte aber glückliche Gesichter. Für uns führt der Weg heute nur noch ins Tal. Wir sind ehrlich gesagt ganz froh darum, dass es heute Abend zurück in die Villa Poa geht und morgen nicht wie für einige andere hier in Richtung Kili. Wer weiß, vielleicht haben sie den schwierigsten Teil ja aber auch schon hinter sich.